Ins Portemonnaie statt zum Fiskus

Fachleute raten bei der Optimierung der Steuern zu Mustern

Wer zukünftig weniger Steuern zahlen will, muss frühzeitig die Weichen stellen. Die grösste Wirkung erzielt man mit systematischem Vorgehen und der Konzentration auf wenige Punkte.

Wer sich über seine hohe Steuerrechnung ärgert, wenn sie schon im Briefkasten liegt, ist definitiv zu spät. Nun flattern schon bald die Unterlagen mit der Steuererklärung 2014 ins Haus. Wer zukünftig dem Fiskus weniger abliefern will, stellt bereits zu Jahresbeginn die Weichen, dass die Abzüge für das Jahr 2015 möglichst hoch ausfallen. Eine Möglichkeit, auf der zurückliegenden Steuerperiode Geld zu sparen, gibt es aber. Die Steuerrechnung sollte man nach Möglichkeit sofort nach Erhalt in vollem Umfang begleichen – und nicht die vorgeschlagene Ratenzahlung wählen. Denn die Verzinsung der zu früh bezahlten Beträge beträgt ein Mehrfaches der Sparkontozinsen. Die Verzinsung variiert von Kanton zu Kanton.

Auf Kugelschreiber verzichten

Beim Ausfüllen der Formulare sollten die Software-Lösungen den handschriftlich auszufüllenden Papieren vorgezogen werden. Im Kanton Zürich kann das Programm beispielsweise kostenlos von der Website der Steuerverwaltung heruntergeladen werden. Die Daten der Vorjahre und die persönlichen Angaben werden eingespeist, und die Überträge werden automatisch weiterverrechnet. Die digitale Lösung macht den Steuerpflichtigen zudem auf mögliche Abzüge aufmerksam.

In den meisten Kantonen muss die Steuererklärung bis Ende März eingereicht werden, eine Verlängerung der Frist ist möglich, wenn sie rechtzeitig beantragt wird. Eine schlechte Idee ist es, einfach nicht zu reagieren. Abgesehen davon, dass man mit einer Busse belegt werde, die sich mit jedem Jahr des Nicht-Einreichens verdopple, verliere man auch die Möglichkeit, Einkommenskomponenten, die zu hoch ausfallen, oder nicht berücksichtigte Abzüge zu korrigieren, sagt der Steuerexperte Michael Leysinger. Wer einen Abzug vergisst, kann diesen noch bis zur definitiven Veranlagung nachreichen. Selbst nach Erhalt der definitiven Einschätzung kann man noch während 30 Tagen Einsprache erheben.

Um systematisch Steuern zu sparen, raten Berater zur Verwendung von Mustern. Dabei soll der Steuerpflichtige mit einer geschickten Vorgehensweise während des Jahres steuerfreie Einkünfte wählen, die Steuerprogression brechen, Vorsorgeprivilegien beanspruchen und Besonderheiten der kantonalen Steuerordnung nutzen. Einkommen konstant halten

Gemäss Leysinger sollten Steuerpflichtige ein konstantes jährliches Einkommen anstreben. Für Verheiratete betrage der «Zielwert» rund 50 000 bis 60 000 Fr., für Unverheiratete entsprechend etwa 40 000 bis 50 000 Fr. Ein steuerbares Einkommen von 0 Fr. sei aus Gründen der Steuerprogression nicht erstrebenswert. Denn Einkommen seien bis zu einer gewissen Höhe sowieso steuerfrei. Es sei zudem steuertechnisch nicht sinnvoll, in einem Jahr in die Säule 3a einzuzahlen oder einen Einkauf in die Pensionskasse vorzunehmen, in dem man bereits einen Steuerabzug für die Renovation des Hauses geltend machen könne und das Einkommen bereits unter dem angestrebten Durchschnittswert liege. Meist sei es besser, sich in zehn Jahren mit je 20 000 Franken in die Pensionskasse einzukaufen, als auf einmal 200 000 Fr. einzuzahlen, erklärt Markus Stoll, Steuerexperte beim Vermögens-Zentrum.

Ratgeberbücher listen Hunderte von Tipps auf, wie man die Steuerlast reduzieren könnte. Doch die abzugsfähige künstliche Befruchtung oder eine Steuerbefreiung von 90 Tagen beim Zuzug aus dem Ausland sind doch meist nur für Einzelne relevant. Und auch nur wenige werden die Möglichkeit haben, einen langen unbezahlten Urlaub auf den Jahreswechsel zu legen, um in beiden Jahren die Progression zu brechen. Den grössten Gestaltungsspielraum bieten die berufliche und die private Vorsorge. Auch mit Immobilien bieten oft Möglichkeiten zur Steuerreduktion. Der Familienstand, also Kinder, Heirat und Scheidung, hat für die Höhe der Steuern ebenfalls Relevanz.

Einzahlungen in die steuerbegünstigte Säule 3a sowie in die Pensionskasse lassen sich vollständig vom steuerbaren Einkommen abziehen. Das Einkaufspotenzial für die berufliche Vorsorge findet sich auf dem Pensionskassenausweis oder lässt sich direkt bei der Vorsorgeeinrichtung erfragen. Falls es ein hoher Einkauf ist, kann es sich aus Gründen der Steuerprogression lohnen, die Einzahlung aufzuteilen. Das Gleiche gilt für den Liegenschaftsaufwand. Grundsätzlich spart man bereits Vermögenssteuern durch den Besitz von Immobilien, weil der Steuerwert in der Regel tiefer ist als der Verkehrswert einer Liegenschaft. Markus Stoll rät, Renovationsarbeiten gestaffelt vorzunehmen und etwa in einem Jahr das Dach zu sanieren, im nächsten das Bad zu modernisieren und so jedes Jahr einen Kostenblock in Abzug zu bringen. Kauft man eine Wohnung und will diese selbst bewohnen, ist ein solches gestaffeltes Vorgehen oft nicht möglich. Vielleicht lassen sich die Rechnungen zumindest auf zwei Jahre verteilen.

Oft wird argumentiert, eine hohe Hypothekarbelastung sei interessant, weil die Schuldzinsen vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden dürfen. Das ist jedoch nur der Fall, wenn das Anlagevermögen langfristig eine höhere Rendite abwirft, als die Hypothek nach Steuervorteil kostet.

Timing für die Scheidung

Die Familie ist auch ein «Spielgebiet» der Steueroptimierung. So können Schenkungen an nahe Verwandte steuerfrei sein. Die Kosten für die Fremdbetreuung der eigenen Kinder lassen sich bis zu einem bestimmten Maximalbetrag abziehen. Bis ins Alter von 25 Jahren kann für Kinder, die sich in der Erstausbildung befinden, ein Kinderabzug vorgenommen werden. Dieser könne unter gewissen Umständen als Unterstützungsabzug auch länger vorgenommen werden kann, sagt Stoll.

Einig sind sich die Fachleute, dass Scheidungen auch aus steuertechnischer Sicht komplex sind und ein Fachmann beigezogen werden sollte. Da die neue Steuersituation von Beginn des Trennungsjahrs an berechnet wird, kann der Zeitpunkt der Trennung für eine Familie steuertechnisch grosse Unterschiede ausmachen. Vor allem, wenn diese nur vom Einkommen eines Mitglieds abhängt, das nach der Trennung zur Zahlung von Alimenten verpflichtet ist. Offiziell beginnt die Trennung mit der Anmeldung eines Partners an einem neuen Wohnort.

Nicht mehr so stark im Visier der Steuerämter ist der private Kapitalgewinn. Vor 20 Jahren geriet ein aktiver «Börseler» schnell in Verdacht, ein professioneller Wertschriftenhändler zu sein. Für solche ist der Kapitalgewinn nicht mehr steuerfrei. Doch der private Aktienhandel hat für Privatpersonen an Gewicht verloren, die Banken verkaufen heute oft Produkte mit integrierten Steuern, die im Produktebeschrieb klar ausgewiesen werden. Wichtig ist für Inhaber von Beteiligungen an Aktiengesellschaften von über 10%, dass Gewinnausschüttungen nur zu einem Teilsatz besteuert werden – im Kanton Schwyz zum Beispiel zu 50%. Das ist insbesondere für Teilhaber an Familienunternehmen relevant.

Quelle: Werner Grundlehner; Neue Zürcher Zeitung vom 19.01.2015, Seite 25:

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